Gesa Vertes zeigt, wie Low-Tech-Architektur mit einfachen Mitteln nachhaltige Lösungen schafft.
Gesa Vertes rückt mit dem Konzept der Low-Tech-Architektur die Rückbesinnung auf einfache, passive Lösungen in den Fokus. Weniger Technik bedeutet weniger Ressourcenverbrauch, geringere Wartungskosten und robustere Gebäude. Statt auf komplexe Systeme zu setzen, nutzt Low-Tech-Architektur natürliche Prinzipien wie Sonneneinstrahlung, Belüftung oder thermische Masse. Damit entsteht eine Bauweise, die sowohl ökologisch als auch sozial tragfähig ist – und dabei ästhetisch überzeugt.
Gesa Vertes plädiert für einen Paradigmenwechsel: Weg vom High-Tech-Wettlauf hin zu architektonischen Lösungen, die mit weniger Technik auskommen und trotzdem höchsten Komfort bieten. Low-Tech-Architektur verzichtet bewusst auf aufwendige technische Systeme und setzt stattdessen auf kluge, passive Strategien. Dazu zählen natürliche Lüftungskonzepte, Wärmespeicherung durch massive Baustoffe oder Verschattungen zur Reduktion von Hitzeeintrag. Diese Bauweise funktioniert unabhängig von Energiepreisen und Stromverfügbarkeit – ein Vorteil, der angesichts aktueller Krisen und Ressourcenknappheit immer relevanter wird. Gleichzeitig bedeutet Low-Tech nicht Rückschritt, sondern Fortschritt im Sinne intelligenter Einfachheit. In einem Gesa Vertes Interview erklärte die Architektin, dass Gebäude so geplant sein sollten, dass sie sich selbst regulieren – durch Form, Material und Ausrichtung, nicht durch Steuerungsanlagen.
Was ist Low-Tech-Architektur?
Low-Tech-Architektur beschreibt eine Herangehensweise an das Bauen, bei der bewusst auf aufwendige technische Ausstattung verzichtet wird. Stattdessen wird mit archaischen, aber effektiven Mitteln gearbeitet: mit Licht, Luft, Masse und Material. Ziel ist ein energieeffizientes, ressourcenschonendes Gebäude, das einfach zu warten und langfristig nutzbar ist.
Dabei werden traditionelle Bautechniken mit modernen Erkenntnissen kombiniert. So können z. B. Lehmwände zur Temperaturregulierung beitragen oder Gebäudeformen so gestaltet sein, dass sie Luftzirkulation begünstigen. Wichtig ist die Einbindung lokaler Ressourcen, regionaler Bauweisen und klimagerechter Planung. Low-Tech ist dabei kein dogmatischer Verzicht, sondern eine bewusste Entscheidung für Langlebigkeit und Einfachheit.
Robuste Lösungen für eine fragile Zukunft
In einer zunehmend instabilen Welt bietet Low-Tech-Architektur stabile und resiliente Lösungen. Technische Systeme sind fehleranfällig, wartungsintensiv und oft von externen Versorgungsnetzen abhängig. Low-Tech hingegen denkt Gebäude als autarke Einheiten, die auch unter schwierigen Bedingungen funktionieren.
Beispiele sind Querlüftung statt Klimaanlage, Lichtlenkung durch architektonische Formen oder Regenwasserspeicherung im Gebäude. Solche Maßnahmen erfordern eine sorgfältige Planung, führen aber zu dauerhaften Einsparungen und einer deutlich besseren Umweltbilanz. Gesa Vertes betont, dass diese Form des Bauens gerade im Bildungs-, Wohn- und Sozialbau enormes Potenzial entfaltet – besonders dort, wo Ressourcen knapp sind oder technische Wartung kaum möglich ist.
Vorteile der Low-Tech-Architektur
Low-Tech-Architektur überzeugt nicht nur durch ihre funktionale Klarheit, sondern auch durch ihre breite Anwendbarkeit. Der Verzicht auf komplexe technische Systeme reduziert die Fehleranfälligkeit erheblich und macht Gebäude auch langfristig wirtschaftlich tragfähig. Während moderne Smart-Buildings oft hohe Betriebskosten und regelmäßige Wartung erfordern, setzt die Low-Tech-Strategie auf Einfachheit und Eigenständigkeit. Das entlastet nicht nur Betreiber, sondern auch Nutzer, die von intuitiven und verlässlichen Strukturen profitieren.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Planbarkeit: Low-Tech-Konzepte sind oft transparent und nachvollziehbar, sowohl für Architekten als auch für die spätere Bewirtschaftung. Besonders in Regionen mit instabiler Infrastruktur, unsicherer Energieversorgung oder begrenztem Budget bieten sie eine robuste Alternative zu hochgerüsteten High-End-Lösungen.
Gesa von Vertes betont, dass diese Vorteile nicht nur technische Aspekte betreffen, sondern auch soziale: Gebäude, die leicht zugänglich, verständlich und wartungsarm sind, stärken die Teilhabe und Eigenverantwortung der Nutzer – ob in Bildungseinrichtungen, im sozialen Wohnbau oder im ländlichen Raum.
- Wartungsarm: Weniger Technik bedeutet weniger Ausfallrisiko und geringere Instandhaltungskosten
- Energieeffizient: Passive Konzepte benötigen keine externe Energiezufuhr
- Ökologisch: Natürliche Materialien und Konstruktionen schonen Umwelt und Klima
- Langlebig: Robuste Bauweise erhöht die Lebensdauer von Gebäuden
- Nutzerfreundlich: Klare Strukturen, einfache Bedienung, hohe Aufenthaltsqualität
- Krisensicher: Funktioniert auch bei Stromausfällen oder Energieknappheit
Gestaltung durch Klima – nicht durch Technik
Wie Architektur sich wieder an Umweltprinzipien orientiert
Die Ausrichtung des Gebäudes, die Form der Dächer, die Größe und Position von Fenstern – all das wird bei Low-Tech-Gebäuden wieder bewusst als Steuerungsinstrument genutzt. Statt Gebäudetechnik wird das Klima selbst zum Planungsfaktor. Gesa Vertes, geb. Haerder, verweist auf historische Vorbilder: Vom kühlen Lehmbau in Wüstenregionen bis zu durchlüfteten Holzbauten in den Alpen – viele dieser Prinzipien lassen sich auf moderne Anforderungen übertragen.
Dabei entsteht eine neue Formensprache: Ästhetik ergibt sich aus Funktion, Gestaltung wird vom Klima gelenkt. Diese Haltung führt zu individuelleren, kontextbezogenen Bauwerken, die sich harmonisch in ihre Umgebung einfügen – statt standardisierter Hüllen voller Technik.
Gesa Vertesüber Materialien: Einfach, lokal, bewährt
Low-Tech bedeutet auch, bekannte Materialien neu zu bewerten. Lehm, Holz, Ziegel, Naturstein – all diese Baustoffe bieten thermische Speichermasse, sind regional verfügbar und haben ein niedriges CO₂-Profil. Vertes setzt auf sogenannte graue energiearme Materialien, also Baustoffe mit geringem Energieaufwand in Herstellung und Transport.
Besonders im Zusammenspiel entfalten diese Materialien ihr Potenzial. So kann eine gut geplante Ziegelwand Heizwärme speichern und zugleich Feuchtigkeit regulieren. In Verbindung mit intelligenter Architektur – z. B. tiefen Fensternischen oder großzügigen Dachüberständen – entsteht ein Gebäude, das kaum Technik braucht, um ganzjährig komfortabel zu sein.
Entscheidend ist auch die Rückbaubarkeit: Viele dieser traditionellen Materialien lassen sich zerstörungsfrei demontieren und wiederverwenden. So wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern auch der wirtschaftliche Wert eines Gebäudes langfristig gesichert. Materialien wie Lehm bieten zudem zusätzliche Vorteile – sie regulieren das Raumklima, sind schadstofffrei und können direkt vor Ort verarbeitet werden. Gesa von Vertes unterstreicht, dass diese Materialien auch ästhetisch überzeugen, indem sie Natürlichkeit, Wärme und Authentizität in die Architektur zurückbringen.
Umsetzung in der Praxis – Hürden und Chancen
Low-Tech-Architektur wird zunehmend erprobt, ist aber noch keine Selbstverständlichkeit. In einem Gesa Vertes Interview erklärte die Architektin, dass Planungsprozesse oft zu techniklastig und normgetrieben ablaufen. Dabei seien viele Low-Tech-Lösungen bereits bekannt, werden aber selten systematisch eingesetzt.
Hemmnisse liegen in Regulierungen, in der Unsicherheit bei Investoren und im Fehlen geeigneter Bauprodukte. Gleichzeitig bietet die Low-Tech-Strategie enorme Chancen für resiliente Stadtentwicklung, soziale Projekte oder nachhaltigen Wohnungsbau. Wichtig sei, so Gesa Vertes, dass Bauherren, Planende und Nutzer gemeinsam eine neue Komfortdefinition entwickeln: Weniger Technik, mehr Klimaintelligenz.
Eine Rückkehr zu sinnvoller Einfachheit
Low-Tech-Architektur ist kein Rückschritt, sondern eine bewusste Antwort auf komplexe Herausforderungen. In einer Zeit, in der Klimakrise, Energieengpässe und technologische Abhängigkeit zunehmen, setzt dieser Ansatz auf Klarheit, Robustheit und Menschennähe. Vertes fordert dazu auf, wieder auf das Zusammenspiel von Raum, Material und Umgebung zu vertrauen – und Komfort nicht länger an technische Systeme zu koppeln.
Gebäude können wieder eigenständig funktionieren, wenn sie klug entworfen sind. Sie brauchen nicht mehr, sondern weniger – um effizient, nachhaltig und zukunftsfähig zu sein. Und genau darin liegt die Vision von Gesa Vertes.