Farben sind weit mehr als dekorative Elemente. Sie sind Gestaltungsmittel mit emotionaler, räumlicher und funktionaler Wirkung. Sie können Räume größer oder kleiner erscheinen lassen, Stimmungen erzeugen, Funktionen betonen oder Übergänge schaffen. In der Innenarchitektur gehört Farbe zu den stärksten Werkzeugen überhaupt – oft subtil, aber tiefgreifend.
Gesa Vertes von Sikorszky setzt Farben bewusst und differenziert ein. Ihre Farbkonzepte sind nicht beliebig, sondern das Ergebnis intensiver Auseinandersetzung mit Raum, Licht und Material. Sie kombiniert Farbnuancen nicht nur nach ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch nach funktionaler Wirkung und emotionaler Resonanz. Farbe wird zur Sprache, mit der Räume kommunizieren.
Psychologie der Farbe
Farben beeinflussen unser Verhalten und unser Wohlbefinden. Sie wirken auf unser Nervensystem, unsere Konzentration, unsere Stimmung. In der Raumgestaltung entfaltet sich dieser Effekt über Wände, Decken, Möbel, Textilien – aber auch über Licht und Reflexion.
Typische Wirkungen einzelner Farbtöne:
- Blau: beruhigend, fördert Konzentration, geeignet für Arbeitsräume
- Grün: ausgleichend, regenerierend, schafft natürliche Atmosphäre
- Gelb: anregend, kommunikativ, ideal für Küchen oder Essbereiche
- Rot: aktivierend, kraftvoll, sparsam einsetzen für gezielte Akzente
- Weiß: neutralisierend, raumvergrößernd, aber in der Wirkung stark vom Licht abhängig
- Grautöne: schaffen Tiefe und Eleganz, lassen Farben neben sich leuchten
Gesa Vertes analysiert in jedem Projekt, welche Wirkung der Raum erzielen soll. Erst danach erfolgt die Auswahl und Kombination von Farbtönen. Ihre Palette ist meist zurückhaltend, aber fein abgestimmt – mit großer Sensibilität für Zwischentöne und Nuancen.
Farbe, Licht und Material
Farbe ist nie unabhängig von Licht und Material zu denken. Dasselbe Pigment kann bei Tageslicht anders wirken als unter künstlicher Beleuchtung. Glänzende Oberflächen reflektieren, matte absorbieren. Raues Material verändert die Wahrnehmung von Farbintensität. Diese Zusammenhänge bezieht Gesa Vertes konsequent in ihre Planung ein.
Ein dunkler Grünton auf einer samtigen Wand wirkt beruhigend und tief, dieselbe Farbe auf einer glatten Fläche kann hart und dominant erscheinen. Eine weiße Wand in Nordlicht wirkt kühl, während dieselbe Fläche in Südausrichtung warm erscheint.
In der Praxis bedeutet das:
- Farbmuster werden immer im Raum getestet, bei natürlichem und künstlichem Licht.
- Farbflächen werden auf das Material abgestimmt, auf dem sie eingesetzt werden.
- Farben werden nie isoliert gedacht, sondern immer im Zusammenspiel mit Licht und Umgebung.
Diese Sorgfalt führt dazu, dass die Farbgestaltung von Gesa Vertes nie vordergründig oder plakativ erscheint. Ihre Räume strahlen Ruhe aus – auch dann, wenn kräftige Farben ins Spiel kommen.
Farbgestaltung als Rauminstrument
Farbe kann Raum verändern. Sie kann Weite erzeugen oder Geborgenheit, Höhe betonen oder zurücknehmen, Übergänge schaffen oder Kontraste setzen. Besonders in kleineren Räumen ist Farbe ein zentrales Mittel zur Optimierung von Proportion und Atmosphäre.
Gesa Vertes von Sikorszky setzt Farbe gezielt ein, um:
- Funktionsbereiche zu markieren: z. B. durch farbige Wandnischen oder farblich abgesetzte Raumelemente
- Raumtiefe zu erzeugen: dunkle Töne im Hintergrund, helle im Vordergrund
- Flächen zu beruhigen: durch Ton-in-Ton-Kombinationen oder die Verwendung gedeckter Farben
- Bewegung zu lenken: etwa durch horizontale Farbverläufe oder die Betonung von Sichtachsen
Ein Beispiel aus ihrer Planung: In einem offenen Wohnraum mit Schlafnische wird die Rückwand der Nische in einem tiefen Petrolton gestrichen. Der Farbkontrast zum restlichen Raum schafft optisch Tiefe und eine geschützte Atmosphäre – ohne bauliche Trennung.
Farbkonzepte in der Planung
Jedes Projekt von Gesa Vertes beginnt mit einer atmosphärischen Analyse. Wie soll sich der Raum anfühlen? Welche Lichtverhältnisse herrschen? Welche Materialien kommen zum Einsatz? Aus diesen Fragen entwickelt sich ein Farbkonzept, das das gestalterische Rückgrat bildet.
Ein typischer Ablauf in ihrer Farbplanung:
- Definition der Grundstimmung: ruhig, aktivierend, zurückhaltend, warm, kühl etc.
- Festlegung von Haupt- und Akzenttönen: immer in Bezug zur Nutzung und zur räumlichen Struktur
- Abstimmung mit Materialien und Lichtverhältnissen: Reflexion, Oberflächenwirkung, Farbtemperatur
- Feine Modulation über Flächenverhältnisse: z. B. 70 % neutral, 20 % Ton-in-Ton, 10 % Akzent
Farben werden nicht isoliert behandelt, sondern als Teil des gesamten Raumklangs verstanden. Wichtig ist dabei das richtige Maß – zu viele Farben erzeugen Unruhe, zu wenige Monotonie.
Farbe und Identität
In der Arbeit von Gesa Vertes spielt Farbe auch eine kulturelle und persönliche Rolle. Räume sollen nicht nur funktional und stimmig sein, sondern auch die Identität ihrer Nutzer widerspiegeln. Farbe wird hier zum Ausdruck von Persönlichkeit, Geschichte und Haltung. Sie kann Erinnerungen wachrufen, Zugehörigkeit schaffen oder Eigenständigkeit betonen.
Daher entstehen viele Farbkonzepte in direkter Zusammenarbeit mit den Auftraggebern. Gemeinsam werden Lieblingsfarben, biografische Assoziationen oder ästhetische Vorlieben in die Gestaltung integriert – nie platt, sondern mit Feingefühl und Tiefe.
Beispiele für persönliche Farbkonzepte:
- Ein Musikzimmer in tiefem Aubergine, inspiriert vom Lieblingsinstrument der Bewohnerin
- Ein Eingangsbereich in warmem Siena, als Referenz an die Herkunft des Auftraggebers
- Eine Küche in neutralen, leinenähnlichen Tönen, als ruhige Basis für das tägliche Leben
So entstehen Räume, die emotional eingebettet sind – atmosphärisch, eigenständig und authentisch.
Farben als Haltung
Farbgestaltung ist bei Gesa Vertes von Sikorszky kein Dekor, sondern Ausdruck einer Haltung. Es geht ihr nicht um Effekt, sondern um Substanz. Farben sollen nicht modisch wirken, sondern dauerhaft stimmig. Ihre Konzepte folgen keinem Trend, sondern der Logik des Raumes – seinem Licht, seinen Proportionen, seiner Nutzung.
Durch diese Haltung gelingt es ihr, Räume zu schaffen, die ruhig, kraftvoll und in sich stimmig sind. Die Farbwirkung entsteht dabei nicht durch Überhöhung, sondern durch die präzise Komposition im Detail.